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„Die respektlosen Yogaschüler*innen“ - wenn Yoga-Schüler*innen vor dem Shavasana den Unterricht verl

Im Berliner Yogastudio "YogafürDich" fragte mich eine Yogalehrerin, wie sie mit einer Schülerin umgehen könne, die immer vor der Endentspannung den Raum verlässt. Ich war beeindruckt über ihr echtes Interesse und ihre Motivation, dieser Schülerin ein Angebot machen zu wollen. Nicht selten habe ich empörte oder enttäuschte Reaktionen von Lehrer*innen über die „respektlosen Schülerinnen“, also Yogis, die vor dem Shavasana den Raum verlassen, erlebt. Es wurde persönlich genommen und davon ausgehend nach "Erziehungsmassnahmen" gesucht.


Aus psychologischer Sicht handelt es sich hierbei um ein Miss-Verständnis.


Schüler, die regelmäßig das Shavasana auslassen, haben vermutlich einen gemeinsamen guten Grund:

Sie bringen sich in SICHERHEIT!

Das mag ungewöhnlich klingen, da Yogalehrer*innen sich häufig viel Mühe machen, eine Wohlfühlatmosphäre zu kreieren und in wohlwollender Intention handeln.


Ich möchte ein paar Gründe nennen, weshalb Shavasana nicht für jeden Menschen eine heilsame und angenehme Position ist:


Shavasana - Die Endentspannung, die nicht immer eine ist

Einige Menschen empfinden keine Sicherheit in dieser Position. Die Vorderseite und auch der Intimbereich sind offen und ungeschützt. Das kann sich bedrohlich anfühlen.

In Shavasana, auch Totenstellung genannt, zu liegen, kann beängstigend sein. In der Stille ist der Körper leichter hör- und spürbar. Z.B. Das Herz schlagen zu hören und den Atem bewusst zu spüren, kann Unruhe, Angst und Panik auslösen. Viele Menschen in der heutigen Zeit, spüren sich eher selten und werden dann unruhig, wenn sie etwas merken. Ein bisschen nach dem Motto: "So lange ich nichts spüre, ist alles in Ordnung“. Wird dann etwas Körperliches wahrgenommen, kann das als bedrohlich eingestuft werden und Angst oder Panik verursachen.

Wichtig zu wissen: Entspannung und Trauma liegen sehr dicht beieinander. Traumatisierte Menschen kennen in der Regel den Zustand der inneren Ruhe nicht mehr. Die innere Anspannung ist grundlegend höher, weil das Trauma körperlich gespeichert ist. Diesen Zustand wahrzunehmen, kann unerträglich sein oder zum dissoziativen Erleben (abschalten/ abspalten) führen.


Mit diesem Wissen kannst du als Yogalehrer oder Yogalehrerin das Verhalten deiner Schüler weniger persönlich nehmen, sondern erkennen, dass sie in diesem Moment sehr gut für sich sorgen - sie suchen Sicherheit.


Wenn du etwas ausprobieren möchtest, biete ihnen Optionen an:

Zum Beispiel: „Shavasana kann genauso gut im Sitzen und/oder mit offen oder halboffenen Augen praktiziert werden.“

„Wenn es sich für dich gut anfühlt, kannst du auch deine Aufmerksamkeit auf die Aussengeräusche richten.“


Damit kannst Du vielleicht Schüler*innen unterstützen, die Verbindung zu sich zu halten und ihnen zeigen, dass es Handlungsoptionen gibt. Für viele Menschen ist das eine wichtige Erfahrung.



Namaste`


Judith Vogel-Weissinger

(Psychologin,

Psychotherapeutin, Yogalehrerin)


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